Ernst Günter Hansing zeichnet und malt Walter Scheel

„Es ist merkwürdig: Wenn ich dieses Bild (Abb. 15) sehe und nun versuche, es zu besprechen, die Vielfalt der Auffächerung, die Bewegungslinien zu beschreiben, das, was dahintersteckt, herauszufinden, dann erkenne ich, dass hier Eigenschaften sichtbar gemacht sind, die ich in mir vermute, ja kenne, die aber nie formuliert wurden

Herrn Hansings Portraits sind mehr als die erkennbare Abbildung eines Gesichts. Sie zeigen in dem Maler eigenen Zeichen und Farben, was auf den Abgebildeten von außen einwirkt und was zurückstrahlt. Eine ‚entlarvende‘ Malerei!

Walter Scheel 1.12.1977, Bonn“1

Wie Walter Scheel - vierter Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland 1974 bis 1979 - in der Öffentlichkeit gesehen werden sollte, dokumentieren unter anderem Autogrammkarten mit seiner Bildnisfotografie (Abb. 1). Ernst Günter Hansing (1929-2011) war überzeugt, die Momentaufnahme einer solchen Fotografie, auch bester Qualität und Inszenierung, werde einem Menschen kaum gerecht; allenfalls durch eine Serie von fotografischen Aufnahmen könne es gelingen, den Charakter eines Menschen in seinen mannigfachsten Nuancen zu visualisieren. Deshalb habe ein Maler den Vorzug, eine Vielzahl von Eindrücken in einem Bildnis zu vereinigen.

Hansing bereitete ein Porträtpojekt stets intensiv vor mit dem Ziel, sein Gegenüber nach Möglichkeit von innen heraus zu verstehen. Dazu gehörte an erster Stelle das persönliche Gespräch. Hansing ließ nicht ab von seiner Auffassung: Nicht das äußere Bekannte müsse vordergründig in einem gezeichneten oder gemalten Werk zur Geltung kommen, sondern der Versuch, ein „Innenbild“ zu erkunden und künstlerisch zu gestalten. „Intuitiv und als Geschenk empfinde ich“, schrieb er einem Bekannten, „dass meine Hand das Öffnen der Gesichter vollzieht, den Spiegel der Seele im Auge zu erfassen.“2

Die Erforschungen für Hansings Scheel-Bilder und der Entstehungsprozess von Skizzen und Vorstudien bis zum Hauptwerk erforderten einige Jahre, von 1976 bis 1979. Immer wieder empfing der Bundespräsident den Künstler in der Bonner Residenz Villa Hammerschmidt zu Modellsitzungen (Abb. 5-8). Mehrere Male besuchte Scheel den Maler in dessen Bad Honnef-Rhöndorfer Atelier (Abb. 18, 22).

Motivvorgabe

Für die Entwicklung der endgültigen Bildkomposition stand schon früh eine Motivvorgabe fest. Das bekunden Fotografien von der Arbeit Ernst Günter Hansings an der Staffelei in Gegenwart des Bundespräsidenten am 2. September 1976 in der Villa Hammerschmidt (Abb. 5-8). Besagte Motivvorgabe beruht auf einer der eingangs erwähnten Porträtfotografien des Bundespräsidenten, die vermutlich zu seiner Amtszeit in vielen staatlichen Einrichtungen hing und als Autogrammkarte (Abb. 1) Verbreitung fand. Sie zeigt Walter Scheel als Halbfigur in repräsentativ strenger Vorderansicht am Schreibtisch, darauf eine geöffnete Aktenmappe. Die Rechte, die ein Schreibgerät umfasst, ruht teilweise auf einem Aktenstück. Die Linke hält die Brille des Dargestellten, die er ebenfalls auf das Aktenstück aufsetzt. Walter Scheel blickt den Betrachter an als Staatsmann, der unbeirrt ein Ziel im Auge behält. Das Antlitz nimmt gefangen durch den Ausdruck von Würde und Freundlichkeit.

Auf einer der Fotografien vom Wirken des Malers vor dem Modell in der Villa Hammerschmidt hat Scheel eine Sitzhaltung eingenommen, die - wenn auch legerer - der auf der Autogrammfotografie ähnelt (Abb. 5, 6). Wiederum hat der Bundespräsident ein Schriftstück in Händen. Das Gesicht ist durch die Lesebrille betont. Auch das für Scheel charakteristische aus der Brusttasche des Jacketts hervorquellende Tuch setzt seinen Akzent wie auf der Repräsentationsfotografie.

Skizzen und Vorstudien

Skizzen zeigen Erkundungen der Physiognomie Walter Scheels im Profil und Halbprofil (Abb. 2). Neben solchen Blättern finden sich einige, auf denen Hansing erprobt, was aus der Motivvorgabe in seiner Strich betonten Zeichensprache zu übernehmen ist; nur die Partien um Augen, Nase und Mund verbleiben, ferner die beiden Faltenbögen auf der Stirn, die Vertiefung zwischen den Augenbrauen und die Nasen-Lippen-Furche (Abb. 3, 4). Dies alles genügt bereits, um Hansing‘sche Charakterbilder als autonome Kunstwerke von eigener Wirkkraft über die Motivvorgabe hinaus zu gewinnen.

Nahe an die Gestaltung des Hauptwerks führen zwei großformatige ‚gemalte‘ Zeichnungen heran, die auf den Fotografien von der Modellsitzung in der Villa Hammerschmidt zu sehen sind (Abb. 7, 8). Die Kopfstudie rechts vom Künstler (Abb. 9) folgt insofern den genannten Charakterbildern, als dass die Partien um Augen, Nase und Mund - nunmehr auf besondere Weise - hervorgearbeitet sind: durch ein System strahlenförmiger vielfach gebündelter Elemente. Besonders markant stechen dank dieser zeichnerischen Strukturen die Augen hervor. Betont sind wieder die Bogenfalten auf der Stirn. Von der Partie um Mund und Kinn geht eine vertikale Linie aus, die im weiteren Verlauf der Bildgestaltung weitergeführt wird als die die Komposition prägende große Achse.

Strahlenbündel wie in dieser und in allen weiteren Vorstudien sowie im Hauptwerk und den späteren Abstrahierungen übernimmt Hansing aus dem Formenrepertoire seiner Bildkompositionen, die kosmisch-eruptive Ereignisse darstellen und ihre Entfaltung von Energie (Abb. 13). Strahlenbündel kehren ferner in Hansings sakralen Bildwerken wieder, beispielsweise in der Ätzradierung „Christusbild II“ mit seinem geometrisch-strengen Strahlensystem, das Sonne und Mond mit dem Antlitz Christi als kosmische Erscheinung verbindet (Abb. 14). Ins Porträtwerk führt Hansing Strahlenbündel ein, wenn damit Ausstrahlung etwa von geistigen Kräften ausgedrückt werden soll; andererseits können Strahlenkumulationen oder spitzpfeilige dahin schießende Einzelelemente, die auf eine menschliche Gestalt zielen, Bedrängnis bedeuten.

Die zweite großformatige ‚gemalte‘ Zeichnung auf der Fotografie hinter dem Bundespräsidenten (Abb. 8) zeigt als Vorstufe zum Hauptwerk bereits dessen vollständige Komposition in Schwarz mit Weißhöhungen (Abb. 10). Die wesentlichen Bildstrukturen der fotografischen Motivvorgabe sind aufgelöst in scharfe spitze Strahlenbündel oder Einzelstrahlen. Die Komposition konzentriert sich auf das Antlitz und auf die lockeren Strichfolgen der Hände mit Schreibgerät und Brille. Besonders wirksam ist die Kraft, mit der das Antlitz bereits den Blick des Betrachters anzieht. Die Strahlenkumulation, die auf Augen, Nasen und Mund der ersten großen ‚gemalten‘ Zeichnung schon kraftvoll zu Wirkung kommt (Abb. 9), explodiert nunmehr förmlich zu den Seiten des Kopfes nach außen, einer Funken sprühenden Wunderkerze ähnlich. Die Stirn und der obere Teil des Kopfes, in der Zeichnung Abb. 9 erst mit wenigen Strichen angedeutet, gewinnen über den Stirnfaltenbögen mächtige Kontur durch eine in Zacken einwärts greifende schwarze Abstraktion. Vom oberen Bildrand senkt sich eine zweiteilig schwarze und strahlenförmige Abstraktion auf das Antlitz herab und durchdringt es bis zur Höhe der Augen. Im Zusammenwirken mit den Strahlen in Höhe der Schultern, der Senkrechten der abstrahierten Kravatte und den Strahlen als Revers-Markierungen ergibt sich ein Kompositionsgerüst, dessen achsialer Teil von der Brille „aufgefangen“ wird.

Hansing hat die Schwarz-Weiß-Version mehrfach mit Abweichungen in unterschiedlicher Mal- und Zeichenweise als Vorstudien wiederholt. Auf einer dieser Wiederholungen sind Kopf- und Handpartie aufwendiger strukturiert (Abb. 11). In einer anderen Version lockert Hansing die Strichfolgen im Körperbereich auf, verdichtet aber das Strahlensystem des Gesichts (Abb. 12).

Hauptwerk

In einem Filmbericht des Westdeutschen Rundfunks über den Besuch Walter Scheels am 30. März 1979 im Bad Honnef-Rhöndorfer Atelier Ernst Günter Hansings anlässlich der Vollendung des Hauptwerks (Abb. 15) erwähnt der Künstler das in der Öffentlichkeit verbreitete Gerede, Scheel sei eine „rheinische Frohnatur“. Diese - so Hansing - sei er für ihn eben nicht. Er habe deshalb einen „Anti-Scheel“ gemalt. Der Bundespräsident bemerkte: Das, was man normalerweise über ihn in den Zettelkästen der Boulevardpresse vorfinde, sei nicht immer übereinstimmend mit der Wirklichkeit. Hansings Interpretation treffe „eher die in der zweiten Schicht lebende Wirklichkeit“.3 Den pastosen Farbauftrag entdeckte er begeistert als „dreidimensional“.

Scheel faszinierte das Zusammenspiel von den „Bewegungslinien“, der „Vielfalt der Auffächerung“ und den „dem Maler eigenen Zeichen und Farben.“4 Um den Staatsmann, dessen Antlitz wie elektrisierend aus dem blau-grün abgetönten Schwarz des Bildgrunds hervorkommt, glüht es auf in Rot. Das Rot setzt sich in spitzen Linien hinunter fort bis zur Brille und zu den Händen, beides akzentuierend.

Rot bedeutet in Hansings Malerei „Durchblutung“ (wie er zu sagen pflegte), um die bei ihm vielfach vorherrschende Stufenfolge von Blau, dazu Weiß und Schwarz zu beleben. In der Farbstellung Blau, Schwarz und Weiß erscheinen die zahlreichen Strahlenbündel und andere Abstrakta in Acrylfarben, die auf Körper und an der Stelle des nicht mehr sichtbaren Schreibtischs ein kompositorisch ausbalanciertes Zusammenwirken erleben lassen. Das Zusammenspiel ein- und abstrahlender Elemente verdichtet sich um das Antlitz.

Eine kleine fast übersehbare Planetenerscheinung, von Strahlungen begleitet, am linken oberen Bildrand weist darauf hin, welchen gedanklich-künstlerischen Hintergrund das Gemälde hat (bei der Betrachtung der Vorstudien war bereits davon die Rede). Die Kopfform übernimmt Hansing so, wie er sie in den großfigurigen Vorstudien entwickelte: Die Partie mit Augen, Nase und Mund erscheint entsprechend der natürlichen Gegebenheit; vom oberen Teil des Kopfes bleibt nur die eine Hälfte mit der einwärts greifenden Zackenabstraktion bestehen und die Abstrahierung der schütteren Haare, während die andere Kopfhälfte mit dem schwarzen Bildgrund verschmilzt. Was von der Physiognomie verbleibt, ist in ein kompliziertes, vollendet durchdachtes Strich- und Farbengewebe vornehmlich aus Weiß, dazu Schwarz, Blau und Rot (Abb. 17). Dem Gesicht, das auf der Fotografie der Motivvorlage anziehend freundlich einen Anflug von Lächeln zeigt, kann Hansing für seine Sicht auf den Bundespräsidenten nichts abgewinnen. „Sicher,“ - so charakterisierte ihn Hans-Dietrich Genscher - „Walter Scheel ist ein fröhlicher Mensch. Jeder der ihn kennt, weiß das. Aber er ist auch ein sehr ernster Mensch. Nur selten lässt er etwas davon sehen.“5 Einer seiner Weggefährten schrieb, er habe „äußerst zäh und hartnäckig verhandeln“ können, „aber er wusste auch zwischen Wichtigem und Unwichtigen, zwischen Möglichem und Unmöglichen zu unterscheiden.“6 Im Hinblick auf die Motivvorgabe sprach der Künstler von „gepanzerter Freundlichkeit“7; sie habe er aufbrechen wollen.

Hansings Porträts seien mehr als die erkennbare Abbildung eines Gesichts, sondern sie zeigten, was auf den Abgebildeten von außen einwirkt und was zurückstrahlt, beobachtete der Bundespräsident.8 Um dies zu verbildlichen, setzte Hansing seine für ihn mit Bedeutung geladenen kosmischen Stilfiguren ein: Strahlen unterschiedlicher Formgebung. In Scheels Antlitz dominieren die Strahlen, die seine Augen - „Spiegel der Seele“ (Hansing) - aussenden, deren Schärfe und Weitblick bekräftigend, wie vorgebildet in den Vorstudien (Abb. 9-12). Aus der Tiefe des schwarzen Grundes schießt eine blaue Strahlung heran und endet vor dem Ohr: Scheels vielfach gelobte Gabe des Zuhörens mag verbildlicht sein. Das intensive mit Rot und Gelb durchdrungene Strahlenbündel, das in Höhe des Mundes über der Schulter nach außen schießt, lässt an die Ausdruckskraft des begnadeten Redners denken, dessen Worte geradezu bannten. Bleibt die Abstraktion, die vom oberen Bildrand in den Kopf des Dargestellten zielt: Hansing meint das Einströmen von Kräften aus kosmischer Sphäre. Schon in den Vorstudien ist diese Abstraktion zweigeteilt; nicht ohne Aussagegrund legt der Maler die eine Hälfte der Abstraktion unter anderem mit Rot und Gelb an und bezieht sie so in der Farbstellung auf das Strahlenbündel aus dem Munde Scheels. Angesichts der vertikalen Achse, die von dieser Abstraktion aus durch das ganze Bild führt, äußerte sich Walter Scheel nach der Tageszeitung „Die Welt“ vom 11. November 1978: „Die vertikale Achse entspricht meiner Selbsteinschätzung.“9

Am unfertigen Gemälde, das noch 1979 publiziert wurde10, nahm Hansing eine für die Wirkung des Ganzen wichtige Veränderung vor (Abb. 16). Das Weiß im Farbgewebe des Gesichts hatte ursprünglich sein ebenfalls herausstechendes Pendant im Brusttuch, in den Händen und in der Brille. Der Film vom Besuch Scheels bei Hansing zeigt, wie dieser dem Bundespräsidenten die Überarbeitung dieser Bildteile erläutert. Ihr Weiß wäre mit dem Weiß des Gesichts zu stark im Bild hervorgetreten und hätte dem Antlitz seine Dominanz genommen. Hansing nahm bis auf kleine Partien das Weiß aus besagten Partien heraus, indem er es abtönte - „verdunkelte“, wie Scheel bemerkte - in Blau-Grün-Nuancen und Schwarz, der Farbigkeit des Umfeldes angeglichen.

Abstrahierungen

Ganz auf das Ensemble der Strahlen, wie sie das Hauptwerk zeigen, reduzierte Hansing Scheel-Bildnisse in Acrylfarben auf schwarzem Grund. Auf einem der Bilder in gleicher Größe wie das Hauptwerk, das im Besitz des Künstlers verblieb (Abb. 19, 20), blitzt nur das Strahlensystem des Hauptwerks aus dem Schwarz des Grundes hervor: pastos aufgetragen in Weiß, Blau, Rot und Gelb. Wie aus einer mysteriösen Nachtwelt blickt das Antlitz Walter Scheels - reduziert auf Augen, Nase, Mund und Stirnfaltenbögen - aus dem Dunkel des Grundes hervor, wobei die nach den Seiten sprühenden Strahlenblitze immer schwächer werden und bald verlöschen. Hände und Brille treten nur als aufzuckende dünne Lichter in Erscheinung. Der kompakteren Strahlenstruktur des Antlitzes nehmen sie nichts von deren Dominanz. Gleiches gilt für die Vertikalachse, die den ganzen Lichtzauber zusammenhält. Den Charakter der Komposition als Bild im Bild deutet Hansing damit an, dass er die Figur in eine Spinnengewebe feine gelegentlich dünn aufblitzende Rechteckrahmung bettet, diagonal festgemacht an den Gemäldeecken. Die Vertikalachse nimmt oben außerhalb der Rahmung ihren Anfang und assoziiert, aus kosmischer Ferne einzufallen.

Eine verwandte Acrylfarben-Malerei auf schwarzem Grund, jetzt vor einer ähnlichen dünngliedrigen Rahmenhängung mit Perspektivwirkung (Abb. 21), zeigt ebenfalls nur Scheels Kopf in der Art der Vorstudien Abb. 3 und 4, insbesondere der auf schwarzem Grund. Nun aber treibt Hansing die Abstrahierung des Antlitzes bis an die Grenze zur Abstraktion11. Den Bundespräsidenten erkennt man am ehesten an den Stirnfaltenbögen, an der Anordnung der Augen und der Nase. Alles Übrige blitzt auf in drei kurzen dichten weißen Strahlenbündeln. Zwei der Bündelung konzentrieren sich um die Augen; die dritte Strahlenbündelung setzt an den Stirnfaltenbögen an und breitet sich aus über den Rahmen ins Dunkel. Besonders kostbar komponiert ist die Abstraktion, die als kleines Strahlenensemble Mund und Kinn markiert und vertikal über die Rahmung ausläuft.

Unter den Bildnissen, die Ernst Günter Hansing malte, ist dieses - die Verbindung von Abstrahierung und Abstraktion betreffend - eine seiner kühnsten Schöpfungen.

Anmerkungen

1 Handschriftliche Äußerung Walter Scheels an Ernst Günter Hansing. Abgebildet in: Wilfried Hansmann/Hans Nitsche, Ernst Günter Hansing. Menschenbild und Abstraktion, Köln 1997, S. 26.

2 Ernst Günter Hansing in einem Brief an einen Bekannten, Bad Honnef 10.7.1994.

3 Der Maler, Kunsthistoriker und Museumsdirektor Thomas Grochowiak (1914-2002) schrieb, Walter Scheel habe man in der Kunstszene als „nachdenklichen, kritisch wägenden Kunstliebhaber“ gekannt. Aus einer Rede des Bundespräsidenten zitierte Grochowiak, wenn er (Scheel) die moderne Kunst richtig verstehe, so stelle sie mehr Fragen, als sie Antworten gebe. Die allzu selbstsicheren Antworten seien den Künstlern verdächtig geworden. Und hier könnten die Politiker manches von ihnen lernen. Grochowiak fügte hinzu: „Für ihn, so Walter Scheel, seien es jedenfalls die Bilder und Skulpturen, über die man leidenschaftlich streitet oder ihnen zustimmt, sich freut oder ärgert“ - ein Risiko, „das ihm die Auseinandersetzung mit moderner Kunst spannend und lustvoll mache“ (Thomas Grochowiak, Im Umgang mit Kunst und Künstlern, in: Heiterkeit und Härte. Walter Scheel in seinen Reden und im Urteil seiner Zeitgenossen, Festschrift zum 65. Geburtstag herausgegeben von Hans-Dietrich Genscher, Stuttgart 1984, S. 320, 322, 325.

4 Wie Anm. 1.

5 Hans-Dietrich Genscher, Geleitwort in: Heiterkeit und Härte, wie Anm. 3, S. 12.

6 Gaston Thorn, Pragmatiker mit klarer Linie. Walter Scheel im europäischen Spiegel, in: Heiterkeit und Härte, wie Anm. 3, S. 338.

7 Mündlich mitgeteilt.

8 Wie Anm.1.

9 Zit. nach Karl Oskar Blase, Politikerporträt. Subkultur und/oder Volkskunst. In: Katalog der Ausstellung Bonner Politiker-Porträts. Kasseler Kunstverein 22.April - 27. Mai 1979, Kassel 1979, S. 31.

10 Wie Anm. 9, Abbildungen S. 124, Nr. 73.

11 Zu diesem Thema: Wilfried Hansmann, Abstraktion und Abstrahierung in der Bildsprache von Ernst Günter Hansing, Worms 2016.

Wilfried Hansmann, 2021

Abbildungen mit Abbildungsnachweis

© für die Werke Ernst Günter Hansings: VG Bild-Kunst, Bonn, 2021

p>Abb. 1: Bundespräsident Walter Scheel in seinem Büro. Autogrammkarte unter Verwendung einer Fotografie des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung - Bildbestand B 145 Bild 00005585, Foto: Lothar Schaack, 5. April 1974. Privatbesitz

Abb. 2: Ernst Günter Hansing: Skizze auf Papier zu der Porträtreihe Walter Scheel, 48,1 x 36,1 cm, signiert und datiert 1977. Bonn, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, EB-Nr. 1996/11/0429

Abb. 3: Ernst Günter Hansing: Studie auf Papier zum Hauptwerk der Porträtreihe Walter Scheel, 27,1 x 18 cm, signiert und datiert 1977. Bonn, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, EB-Nr.1996/11/0523

Abb. 4: Ernst Günter Hansing: Studie auf Papier in Weiß auf schwarzem Grund der Porträtreihe Walter Scheel, 39,4 x 29,7 cm, signiert, undatiert. Bonn, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, EB-Nr. 1996/11/0524

Abb. 5: Ernst Günter Hansing arbeitet am Hauptwerk des Porträts von Walter Scheel in dessen Residenz Villa Hammerschmidt zu Bonn 1976. Foto: Michael Hansing, Hamburg

Abb. 6: Ausschnit aus Abb. 5

Abb. 7: Ernst Günter Hansing im Gespräch mit dem Modell bei der Arbeit am Hauptwerk des Porträts von Walter Scheel in dessen Residenz Villa Hammerschmidt zu Bonn 1976. Foto: Michael Hansing, Hamburg

Abb. 8: Ernst Günter Hansing arbeitet am Hauptwerk des Porträts von Walter Scheel in dessen Residenz Villa Hammerschmidt zu Bonn 1976. Foto: Michael Hansing, Hamburg

Abb. 9: Ernst Günter Hansing: Studie (‚gemalte‘ Zeichnung) auf Leinwand zum Hauptwerk der Porträtreihe Walter Scheel, 100 x 80 cm, 1976. Ehemals im Besitz des Dargestellten. Foto: Historisches Archiv des Erzbistums Köln. Nachlass Hansing, aek_nlhansing_0565_058.jpg

Abb. 10: Ernst Günter Hansing: Studie (‚gemalte‘ Zeichnung) zum Hauptwerk der Porträtreihe Walter Scheel. Maße und Verbleib unbekannt. Foto: Historisches Archiv des Erzbistums Köln. Nachlass Hansing, aek_nlhansing_0500_018.jpg

Abb. 11: Ernst Günter Hansing: Studie (‚gemalte‘ Zeichnung) zum Hauptwerk der Porträtreihe Walter Scheel, signiert. Maße und Verbleib unbekannt. Foto: Historisches Archiv des Erzbistums Köln, Nachlass Hansing. aek_nlhansing_0500_012.jpg

Abb. 12: Ernst Günter Hansing: Studie (‚gemalte‘ Zeichnung) auf Leinwand zum Hauptwerk der Porträtreihe Walter Scheel, 160 x 100 cm, signiert und datiert 1976/1977/1978. Bonn, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, EB-Nr. 1996/11/0425

Abb. 13: Ernst Günter Hansing: Kosmische Wolkenlandschaft mit vertikaler Dominante, Öl auf Leinwand, 195 x 120 cm. Privatbesitz. Aus: Wilfried Hansmann/Hans Nitsche, Ernst Günter Hansing, Menschenbild und Abstraktion, Köln 1977, Abb. S. 95

Abb. 14: Ernst Günter Hansing: „Christusthema II“ („La Sainte Face“), Ätzradierung, 20 x 29,7 cm (Druckplattengröße), signiert, nummeriert 63/100, undatiert. Privatbesitz. Foto: Verfasser

Abb. 15: Ernst Günter Hansing: Hauptwerk Walter Scheel, Acryl auf Leinwand, 180 x 100 cm, signiert, 1977/1979. Bonn, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, EB-Nr. 1996/11/0423. Aus:Wilfried Hansmann/Hans Nitsche, Ernst Günter Hansing, Menschenbild und Abstraktion, Köln 1977, Abb. S. 101

Abb. 16: Ernst Günter Hansing: Hauptwerk Walter Scheel, wie Abb. 15, vor der Überarbeitung der Handpartie, unfertiger Zustand 1977. Verbleib unbekannt. Foto: Historisches Archiv des Erzbistums Köln. Nachlass Hansing, aek_nlhansing_0500_020.jpg

Abb. 17: Auschnitt aus Abb. 15/16

Abb. 18: Ernst Günter Hansing setzt einen letzten Farbtupfer ins Hauptwerk des Scheel-Porträts beim Atelierbesuch des Bundespräsidenten am 30. März 1979. Foto: privat

Abb. 19: Ernst Günter Hansing: Alternativfassung des Hauptwerks Walter Scheel, Acryl auf schwarzem Grund auf Leinwand, 180 x 100 cm, signiert, undatiert. Privatbesitz. Foto: Verfasser

Abb. 20: Ausschnitt aus Abb. 19

Abb. 21: Ernst Günter Hansing: Das Antlitz Walter Scheels abstrahiert, Acryl auf schwarzem Grund auf Leinwand, Maße nicht bekannt, unsigniert, undatiert. Privatbesitz. Aus: Wilfried Hansmann/Hans Nitsche, Ernst Günter Hansing, Menschenbild und Abstraktion, Köln 1977, Abb. S. 100

Abb. 22: Bundespräsident Walter Scheel mit dem Ehepaar Hansing nach einer Modellsitzung zum Porträtwerk im Bad Honnef-Rhöndorfer Atelier des Künstlers 1977. Foto: privat